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Von Trondheim nach Oslo. Im Winter. Mit dem Velotraum-Fatbike »Pilger«

Als Gunnar Fehlau uns anbot, den Pilger-Rahmen auf einer Extrem-Tour in Norwegen zu testen, hatten wir schon etwas Bauchweh.

Denn bisher stehen ja nur zwei Prototyp-Rahmen zur Verfügung. Aber anderseits, welch famose Gegelegenheit für einen nicht alltäglichen Härte- und Praxistest. Hier der Bericht von Gunnar Fehlau…

Lieber Herr Stiener,

ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie ich Mitte der Neunziger Jahre – damals für Michael Bollschweiler/aktiv Radfahren – eines der ersten Stahl-Velotraum Reiseräder zum Test erhielt. Das Rad war damals eine Offenbarung. In vielerlei Hinsicht: Kein MTB, kein Randonneur und auch kein Trekkingrad; irgendwie mittendrin. – Der erste Reflex war »Marketing-Mist, faule Mitte, statt klare Eignung!« Dass eben genau das die eigentliche Stärke des Rades war, wurde bereits auf der ersten Tour klar: Das Rad war für alles gut (Straße, Forst, Touren, Stadt) und für nichts wirklich schlecht. Eines fürs Alles …

Als ich zum ersten Mal von Fatbikes hörte, hatte ich auch wieder diesen Reflex »nur für Spinner und nix für deutsche Breiten«, aber irgendwie war meine Neugier geweckt, also habe ich mir eines aus Alaska selbst importiert. Ein harter Bock für den Wintersport … cooles Gerät, aber irgendwie etwas eindimensional im Einsatzzweck: »Ballern im Winter«.

Vor der Eurobike bekam ich vom Pilger Wind und ich dachte mir: Genau, ein Fatbike mit deutscher Handschrift, mit urbanen Anleihen und für Touren gemacht. Erfahrung kommt für mich von fahren … und ich erinnerte mich an den Test in den 1990ern und sprach bei Ihnen vor, ob ich der »Idee Pilger« mit einem echten Selbstversuch auf den Zahn fühlen kann. Dass das dann so schnell und unkompliziert mit dem Musterrahmen klappte, war cool. Nun bin ich von einer einwöchigen Wintertour aus Norwegen zurück. Ich werde über meine Erfahrungen in einer Reportage berichten und auf meinem privaten Blog sicher noch etwas posten.

An dieser Stelle aber erst einmal und nochmals herzlichen Dank für Ihre Hilfe bei dieser (Selbst)Erfahrung. Es ist unglaublich, wie paradigmatisch ein Tourenfatbike die Sichtweise auf Radtouren umwälzt. Radtouren sind 365 Tage im Jahr, quasi überall und zu jeder Witterung möglich, das lehrt einen der Pilger. Wir sind in Norwegen von Oslo nach Trondheim gefahren. Zum einen in Anlehnung an den Rennradklassiker Trondheim–Oslo, wobei wir in allen Belangen die Vorzeichen geändert haben: Winter statt Sommer, Gelände statt Straße, dunkel statt hell, Selbstversorgung statt Rennorga, Genuss statt Geballer, kalt statt warm … zum anderen – der Name verpflichtet – sind wir lange Passagen des Wander- und Rad-Pilgerweges von Oslo nach Trondheim gefahren.

Die Tagestemperaturen lagen zwischen -2° und -34° Celsius, die Tagesetappen zwischen 50 und 130 km. Teils sind wir alpine Anstiege (800 hm auf 10 km auf Schnee bei -7° C) gefahren, auf den Abfahrten war ich mit dem 45 kg schweren Pilger bis zu 70 km/h schnell. Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit betrug kaum 11 km/h … das sind aber nur Zahlen. Sie beschreiben nicht, wie eindrucksvoll es ist, quasi alleine über menschenleere verschneite Plateaus zu fahren, die Natur auf sich wirken zu lassen, die Elemente zu spüren und bei all der Ruhe auch in sich hinein zu hören … pilgern halt! Ich könnte noch Seiten über die Erlebnisse schreiben (passiert ja auch bei anderer Gelegenheit).

Fasse ich mich kurz: Der Pilger ist eines der beeindruckendsten Räder, die ich in den letzten 20 Jahren gefahren bin. Ein Aha-Effekt wie beim ersten guten Pedelec oder dem Birdy von Riese & Müller … Es ist für mich ein Rad, das meinen Erkenntnishorizont, was Radfahren bedeuten kann, erweitert hat, weil es den Erlebnishorizont Radfahren erweitert. Es ist ein additives Rad, kein substituierendes … Mit diesem Rad kann ich Dinge erleben, die ich mit keiner anderen Radgattung erleben kann. Irgendwie kann ich mir einen Radfuhrpark ohne ein solches Fatbike nicht mehr wirklich vorstellen. Ich glaube, dass der engagierte Reiseradler der Zukunft zwei Räder haben wird: einen straßenorientierten Randonneur (zügig für gut bis mäßige Straßen oder Schotterpisten) und ein Tourenfatbike für alle Jahreszeiten, Eventualitäten, Untergründe und Witterungen und für die ruhigen Touren …

Genug des Lobs, zu den kleinen Kleinigkeiten, die am Pilger noch angepasst sein sollten, sollten wir telefonieren, rufen Sie einfach durch, wenn es Ihnen passt!

Ach ja, das norwegische TV fand unsere Tour auch berichtenswert.

In diesem Sinne Respekt! und Weiter so! Grüße ans ganze Velotraum-Team

Weitere Informationen und Eindrücke dieser Tour gibt es auf Zeit Online. [ Velotraum 27.01.14]

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